…of sonance and silence …von klang und stille
Lauren Newton

Von vielen Möglichkeiten und einer einzigen Grenze

Seit ich als Vokalistin Töne produziere, ist es mir ein Bedürfnis, kreativ mit meiner Stimme zu arbeiten. Ob in der klassischen Musik oder im Jazzbereich: Ich war und bin immer neugierig darauf, meine stimmlichen Grenzbereiche zu erforschen und zu erweitern.

Diese Entdeckerfreude heißt nicht, dass ich das normale Singen ablehne. Menschliche Stimmen haben zahllose und wunderbare Klang-Facetten; unter den vielen vokalen Möglichkeiten fühle ich mich persönlich einfach am meisten zur freien Improvisation hingezogen. Sie bietet mir für meine Musik und meine Stimme das offenste Umfeld. Aus Liebe zu diesem offenen Feld der Improvisation rede ich in diesem Text kaum je vom Singen. Ich möchte damit die kulturell vorgeprägte Assoziation zum melodiebetonten Schöngesang vermeiden.

In der Improvisation können die viele Möglichkeiten meiner Stimme zum Ausdruck kommen - auch die Urstimme und die inneren Stimmen. Hier kann ich kreativ arbeiten und mich meiner Spielfreude hingeben – was allerdings höchste Anforderungen stellt an Verstand und Intuition. Immer Überraschendes, Unerwartetes, Unvorhersehbares, Visionäres erklingen zu lassen, dazu braucht es Fantasie, Inspiration, musikalisches Vorwissen und bisweilen extreme Gesangstechniken. Eines darf ich nie aus den Augen verlieren: Ich achte stets darauf, mein Stimmorgan nicht zu beschädigen.

Mit jeder musikalischen Entscheidung, die ich beim Improvisieren bewusst oder unbewusst treffe, eröffnen sich zahllose neue und andere Möglichkeiten der musikalischen Manifestationen, sodass ich sofort die nächsten Entscheidungen treffe muss. Improvisation ist eine scheinbar endlose Folge von Entscheiden. Manchmal tauche ich mitten ins Gewirr der Ideen ein um mich an den richtigen Weg heran zu tasten. Bisweilen gerät meine Orientierung ob der verwirrenden Vielfalt ins Wanken. In solchen Momenten sind drei Fragen essenziell:

Was - Wie - Wann.

Was möchte ich verwenden? Setze ich zum Beispiel ein bestimmtes Intervall, eine Melodie, einen Text, ein Geräusch, erweiterte Gesangstechnik oder anderes ein?

Wie möchte ich meine Stimme klingen lassen? Soll ich leise oder laut, mit weichem oder hartem Timbre, quirlig, ruhig, rhythmisch, emotionsbetont beginnen?

Wann will ich meine Stimme hörbar machen? Zu welchem Zeitpunkt soll ich mein gewähltes Klangmaterial in den Raum freilassen?

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